Die Geschichte einer Bronzescheibe

Phase II u. III

 

 

Teil II

 

Die Phasen der Bearbeitung

 

Die erste Phase der Bearbeitung umfasst auschließlich nachtastronomisch zu deutende Darstellungen zum Zeitpunkt ihrer Anfertigung. (Abbildung Teil I)

 

In der "ersten  Überarbeitungsphase" beginnend nach ihrem eintreffen an ihrem späteren Fundort in Mitteldeutschland,  also dem Zustand die von den Experten als "zweite Phase"interpretiert wird, beinhaltet die   funktionelle Umgestaltung als Sonnenkalender.

Die bisherige nur nachastronomisch zu deutende Funktion der Scheibe hat ihre Bedeutung verloren, weil zum Zeitpunkt ihres eintreffens in Mitteldeutschland wie überall in Mittel und Nordeuropa üblich, die Sonne sowohl mythisch wie kalendarisch ins Zentrum der Überlegungen zu stellen ist.

 

In Mitteleuropa spielten weder die Plejaden, noch die mit den Sternen und Mondapplikation verknüpfte Kalendertheorie eine Rolle.  (archlsa.de. Die Schaltregel)

Das kosmische Verständnis der bronzezeitlichen Menschen in Mitteleuropa wurde durch den Lauf der Sonne bestimmt..

 

 Die zweite Phase

 

Abbildung Eins zeigt, wie sich die Experten die Nutzung der Scheibe  mittels der Sonne als Kalender, durch Beobachtung der Sonnenuntergänge am Horizont über die Randscheiben gepeilt vorstellen.

Der Verfasser hat diese auf Nebra bezogene Auslegung um die dortige Situation zu verdeutlichen festgehalten  

Diese Methode der Datumsbestimmung zur Sommersonnwende durch Peilung über den Brocken, dem höchsten Berg im Harz, war schon vor dem einführen der "Sternenscheibe" bekannt und wurde auch angewendet.(Aussat und Ernte wurden schon vor der Himmelsscheibe so festgelegt)

Die Sonne geht nun mal zur Sommersonnwende (höchster Sonnenstand) vom Mittelberg bei Nebra aus betrachtet, hinter dem Brocken unter.

Um dieses Datum festzuhalten benötigt man im Grunde keine Himmelsscheibe.

 

Der Weg des Wissens, mittels der Sonne jahreszeitliche Festlegungen zu treffen,   gelangte  schon sehr früh im Zuge der Neolithisierung  von Südwestanatolien (Catal Hüyük)  über Sudosteuropa (Schmiedhofen in Bayern) nach Mitteldeutschland (Goseck)

 

Als mythologisch  und kalendarisch zu interpretierende Symbol hat sich die Sonne besonders in Mittel und Nordeuropa im Gegensatz zum Mittelmeerraum,

wo mehrheitlich die Sterne diese Funktion übernahmen, über Jahrunderte hinweg durchgesetzt.(Ernst Künzl, Himmelsgloben und Sternkarten, Theiss Verlag Stgt. 2005)

Für die Bronzezeit im nördlichen Mitteleuropa, ist Stonhenge  in Südengland, als ein auf die Sonne ausgerichtetes mythologisches und kalendarisches Zentrum beispielhaft zu nennen.

Beginnend um 3.000 v. Chr.wurde dieses megalithische Monument, in mehreren Phasen errichtet.

Als Sonnenkalender ist Stonhenge sowohl auf die Sonnwendezeiten, wie auf andere wichtige kalendarische Festlegungen, die mit der Sonne in Verbindung zu bringen sind ausgerichtet.

(Ernst Künzl, Himmelsgloben und Sternkarten, Theiss Verlag Stgt. 2005,29)

 

Im Zuge weitreichender Handelsverbindungen spielte Cornwall in Südengland zur Bronzezeit  eine  bedeutende Rolle.

Handelsverbindungen bestanden unter anderen über die Elbe, die Saale und Unstrut  bis nach Mitteldeutschland.

Auf diesem Wege ist das Gold, das explizit  in der zweiten Phase der Überarbeitung verwendet wurde, mittels Schiff von Südengland nach Mitteldeutschland tansportiert worden.  

 

Erste Untersuchungen mit dem Elektronenmikroskop "Bessy" zum bestimmen des Herkunftsortes des Goldes, wurden von den Metallurgen Prof. Pernicka auch ein Fundort in Rumänien in Erwägung gezogen.

Diese Aussage wird durch das Gold an den Schwertern aus den Beifunden zur Scheibe,  die dem ungarisch rumänischen Raum zu zuweisen sind belegt. 

 

Entgegen der hier aufgezeigten Untersuchungsergebnisse, soll nun alles Gold, unter Anwendung neuerer Untersuchungsverfahren, ebenfalls aus Cornwall in Südengland nach Nebra gelangt sein.

Dazu wird berichtet, dass das Gold entsprechend von Fundortanalysen aus einem Fluß in der Nähe von Cornwall stammen soll.

Dieses ist eine allgemein plazierte Darstellung, die die These unterstützen soll, dass die Bronzescheibe in ihrer Gesamtheit in Höhe des Fundortes von dortigen "Handwerkern  mit Herrschaftswissen" angefertigt worden ist.

Das kann wohl für das Gold an den Schwertern  wohl nicht zutreffen, da diese   aus  dem ungarisch rumänischen Raum eingeführt worden sind.

Dieser Nachweis trifft auch nicht auf die Goldapplikationen zu, die in der ersten Herstellungsphase auf der Scheibe befestigt wurden.(Sterne und Mondscheiben) Sie wurden von Prof. Pernicka ebenfalls am Elektronenmiskroskob "Bessy" untersucht und der besagten Goldlagerstätte in Rumänien zugeschrieben.

 

Der Metallsachverständige  Dr. Wunderlich,  hat mit seinen Untersuchungen, zur Bestimmung der Abfolge  einzelner Arbeitsschritte, drei Goldsorten ermittelt die aus verschiedenen Chargen stammen..

Aus Cornwall stammt demnach nur das Gold das für die noch vorhandene Randscheibe, das Schiff, sowie das Gold für den erneut aufgebrachten "besonderen Stern". (21) verwendet worden ist. (Abb.II u.III)

 

Gerade durch die Anwendung der verschiedenen Goldsorten, sollte die bisherige Beschreibung über die Herkunft der Scheibe neu überdacht werden.

(archlsa.de Die Himmelsscheibe, wissenschaftliche  Untersuchungen Herstellungsphasen)

Die kosmische Darstellung, Materialzuweisungen mit Hinweisen auf den südostlichen Donauraum, (Ungarn Rumänien)  bis hin zum Mittelmeerraum (Siegel mit Schiffsdarstellung), geben nun eindeutige Hinweise darauf, an welchem Ort die Scheibe angefertigt worden ist. 

 

Die Randscheiben

 

In welchen Zeitabständen die funktionell auf die Sonne  bezogene Überarbeitungen mittels den Randscheibense dem besonderen Stern erfolgte, ist nicht bekannt.

Für die Darstellung des Schiffes und der Randbögen, sowie der Wiederbefestigung des verlorenen Sternes, kann davon ausgegangen werden, dass diese Applikationen einmal in Höhe des Fundortes aufgebracht worden sind, zum anderen das Gold aus anderen Chargen stammen.

Unbekannt bleibt, ob beide Randscheiben gleichzeitig auf der Scheibe befestigt wurden, oder die noch vorhandene später aufgebracht wurde.

Darüber kann womöglich die Verwendung unterschiedlicher Goldsorten Auskunft geben. (archlsa.de Die Himmelsscheibe, wissenschaftliche  Untersuchungen über die Herstellungsphasen)

 

Es stellt sich nun die Frage, obwohl der Sternhimmel mit dem aufbringen der zweiten Randscheiben seine Funktion verloren hat, warum dann der verloren gegangene Stern erneut eingesetzt worden ist ?

 

Eine Erklärung dafür ist, dass dieser "Stern" dessen Gold aus Cornwall stammt eine andere Funktion eingenommen hat. 

Er teilt die verloren gegangene Randscheibe "mittig" in zwei Hälften.

 

Mittels dem Lauf der Sonne und Peilung über die Fixierpunkte  des besonderen Sterns, sowie die Endpunkte der noch vorhandenen Randscheibe, ist die Sternenscheibe auch als Richtungsanzeiger einzusetzten.

Es können sowohl der Zeitpunkt  zu den Sommer und Wintersonnwenden, so wie  den Frühlings- und Herbsbeginn bestimmt werden. (Abb. 1)

 

Dazu richtet man das rechte Ende der Randscheibe, ohne einen Sonnenstand  beachten zu müssen, auf den Brocken aus. Durch peilen über den besonderen Stern 21,  sind die entsprechenden  Funktionen abzulesen.

Der Stern als  Fixpunkt zeigt auch die Westrichtung an. Diagonal gegenüber ist Osten. Somit ist auch Norden und Süden festzulegen.

Die Enden der Randscheiben  zeigen nach Südwest  bzw. Nordwest.

Diagonal ausgerichtet  auf Südost bzw. Nordost.

 

Die Anwendung dieser Funktionen entsprechen nun den Kenntnissen die in der nordischen Bronzezeit durch zahlreiche weitere bedeutende Funde und Bauwerke belegt werden können.(Stonhenge) 

 

Zu welchem Zeitpunkt nun diese Umarbeitungen vorgenommen worden sind, ist nicht bekannt. 

Bekannt ist lediglich, dass sowohl die Beifunde (Schwerter) wie auch die Scheibe,  aus was für Gründen auch immer, um 1.600 v. Chr. der Erde übergeben wurden.

Die Gebrauchsdauer der Scheibe ist demnach auf  ca. 150 Jahre zu begrenzen. 

 

Dazu sind folgende Kriterien zu beachten:

 

1. Anfertigen der Bronzescheibe aus Weichbronze an dem Ort, wo die

    Bearbeitungstechniken zur Herstellung von Bronzeblech und 

    der Tauschiertechnik bekanntermaßen angewendet worden ist.

 

    Südöstlicher Mittelmeerraum eventuell Rumänien.

 

2. Anfertigen und Aufbringen der nachtastronomisch zu deutenden   

    Goldapplikationen an diesem Ort.

    Hier waren auch die Besonderheiten  eines Mondkalenders bekannt.

    Das dafür verwendete, Gold  stammt aus einer Quelle in

    Rumänien. (Phase I ).

    Der ausgewählte Himmelsanblick zeigt neben den Mondscheiben, den Orion

    sowie Sirius als Hauptkalendersterne  zum bestimmen des Jahreserst eines

    Mondkalenders. (Abbildung Kptl. I)

 

Die Scheibe trifft an ihren späteren Fundort ein. (Phase II)

 

1. Auf die Sonne ausgerichtete funktionelle Umarbeitung durch aufbringen der

    ersten Randscheibe Abb. II.  

    Zusammen mit dem nicht mehr vorhandenen Streifens,  ist auch der

    besondere Stern (Nr. 21) verloren gegangen.

 

2. Aufbringung der zweiten Randscheibe, um 180° diametral versetzt zum ersten

    Randstreifen.(Abb.III)  wieder eingesetzt.

    Dazu wurde eine Goldsorte verwendet, die möglicherweise aus örtlichen  

    Vorkommen oder das eingeführte Gold aus Südengland belegt.

     Durch überdecken zweier Sterne durch den zweiten Randstreifen wurde die

     nachtastronomische Funktion der Phase I außer Kraft gesetzt.

    (archlsa.de, wissenschaftliche Untersuchungen, Abbildung zu den

     Herstellungsphasen)

     Das wiederaufbringen des "besonderen Sternes" ist  mit einer anderen 

     Funktion zu erklären.

     Er dient nunmehr als Orientierungspunkt zum

     bestimmen des Frühlingspunktes so wie den Himmelsrichtungen.

 

3.  Mit einer weiteren Sorte Gold, sowie einer so wie einer

     anderen Art der Tauschierungstechnik mittels einem Meißel, wurde als 

     letzter Arbeitsschritt der Goldbearbeitung, das Schiff auf die Scheibe

     befestigt.

   

4.  Die Randlochung hat keine Funktion im kosmischen Sinne und diente der

     Befestigung der Scheibe auf einem unbekannten Medium

 

Die Bedeutung des versetzten Sternes.  

 

Es ist zunächst davon auszugehen, dass die Person der die Sternenscheibe nach Nebra eingeführt  hat, die metallhandwerklichen Kenntnisse gehabt hat, um nach örtlichen Verhältnissen und Vorgaben, die Scheibe auf eine tagesastronomische Funktion umzuarbeiten.(Abb II u III)

 

Stern Nr. 21 ist in soweit von Bedeutung, weil er sowohl in der ersten Phase, der  Randstreifen direkt sichtbar in zwei gleiche Hälften teilt. Nach dem Verlust dieses Sternenes und des dazugehörigen Randstreifens, wurde der Stern etwas versetzt erneut aufgebracht. 

Der zweite Randstreifen dagegen wurde diagonal zur Position des ersten Streifens befestigt.

Dies unterstreicht die Besonderheit des Stern Nr. 21. Dreht man die Scheibe um 180° so zeigen, über die beiden Enden der zweiten Randscheibe gepeilt die zuvor genannten Datums, Richtungs und Wendezeiten an.(Abb III)

 

Handwerk und Technik

 

Betrachtet man die Eloquenz mit der diese Applikationen auf der Scheibe befestigt worden sind, lässt dies nur den Schluss zu, dass der Metallkünstler, der die Sternenscheibe angefertigt bzw. die Goldapplikationen auf der Scheibe befestigt hat, auch die zweite Randscheiben befestigt hat.

Es sind keinerlei Unterschiede in der arbeitstechnischen Ausführung zu erkennen.

Das bedeutet dass mit der Sternenscheibe auch der "goldkundige Metallkünstler" nach Mitteldeutschland gekommen sein muss.

 

 

Nur er konnte über das Wissen verfügen, wie man einmal das Goldblech selbst herstellt und wie man durch die Tauschiertechnik dieses auf der Scheibe befestigen kann.

Wie bereits im ersten Teil meiner Ausführungen erwähnt, ist diese Arbeitstechnik, zur Herstellungszeit der Scheibe, in Mitteldeutschland als Vollkommen artfremd zu betrachten..

Dr. Wunderlich ist der Auffassung, dass wegen den tiefer eingearbeiten Randkerben, sowie einer Metallprobe drch einen Meißel auf der Rückseite der Scheibe, zum aufbringen der vor Ort hergesellten zweten Randscheiben und des besonderen Sternes, ein anderer Handwerker tätig gewesen sein muss.

 

Diese Aussage lässt sich nicht nachvollziehen, weil die Tiefe einer Kerbe keine Auskunft darüber gibt, dass diese von einen anderen Handwerker ausgeführt wurde  (archlsa.de, wissenschaftliche Untersuchungen, Abbildung zu den Herstellungsphasen, Modul MW 1).

Auch lässt sich nicht feststellen wann diese Kerbe eingarbeitet wurde.

 

Durch die gleich ausgeführten Arbeitstechniken der zweiten Phase (Randscheiben und besonderer Stern) ist der Zeitpunkt, wann die Scheibe umgearbeitet wurde, auf die Lebensdauer eines Handwerkers eingrenzen.

Ob allerdings die Scheibe neben der zuvor beschriebenen funktionalen Ausrichtung, auch im mythisch kultischen Bereich genutz wurde, lässt sich als

Theorie durch das in der letzten Arbeitsphase aufgebrachte Schiff erklären. Dieses Schiff zeichnet sich dadurch aus, dass es unter Anwendung einer neuen Arbeitstechnik und Verwendung einer wiederum anderen Goldsorte, auf der Scheibe befestigt worden ist.

Diese Applikation wurde nicht durch einen Punsstift, sondern mittels einem kleinen Meißel euftauschiert.

Die entsprechenden Spuren sind nicht wie fälschlicherweise als Ruderstangen zu interpretieren, sondern sind als Spuren der geänderten Aufbringungstechnik zu bezeichnen.

Jetzt allerdings kann auch davon ausgegangen werden, dass wegen der anderen Art der Aufbringung ein weiterer Handwerker tätig geworden ist.

Woher er das Wissen hatte wie die Schiffe im Mittelmeerraum ausgesehen haben, bleibt unklar.

Eine Möglichkeit ist, dass die Handeswaren die zweifelsfrei per Schiff die Nord und Ostsee über die Elbe, Saale und Unstrut   transportiert wurde. 

 

Neben den mythischen Vorstellungen die durch das Schiff interpretiert werden  gibt es auch profanere Erklärungen.

 Dazu ist zu bemerken, dass die mythologische Darstellung wie  die Menschen zur Zeit der Himmesscheibe  den Himmel gesehen haben, nicht überliefert ist.

 

So sind auch die berühmten und ebenfalls im Zusammenhang mit der Sternenscheibe erwähnten,  Sonnenschiffe aus Norwegen und anderen Orten, nicht Zeitgemäß.  Sie sind erst 3 bis 4 Jahrhunderte später in die Felsen geritzt worden. 

Neben dem Tansport der Sonne in der Nacht von West nach Ost, ist auch die Dastellung der Fahrt der Toten in einem Schiff in den schönen Westen vorstellbar. Jedenfalls sind entsrechende Überlieferungen bekannt.   

 

Schlussbemerkung:

 

Die in der letzten Bearbeitungsstufe eingestanzten Randlochung haben mit einem wie auch immer beschriebenen kosmischen Auslegung nichts zu tun. Sie dienten vornehmlich der Befestigung  auf einem unbekannten Medium. 

 

An dieser Stelle möchte ich mich für den wertvollen astronomischen Gedankenaustausch, den ich im Zusammenhang mit der Sterndarstellung auf der Bronzescheibe geführt habe, bei Francesco Presenti, einem renomierten Amateurastronomen  herzlich bedanken.

 

Sepp Albrecht

 

Literaturhinweise:

archlsa.de die Himmelsscheibe, Texthinweise im Aufsatz

Agypten, Die Welt der Pharaonen Könnemanverlag GmbH Köln 1997, Schiffe, 89,362, Handwerk, 369

Sterne und Weltraum Dez. 2003, Prof. Schlosser und Dr. Meller 28-40

National Geographic, Januar 2004, März, 2007,51 Handel,